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12.05.2017

Ohne Strategie kein Retail 4.0

UNSPLASH_igor-miske_kl.jpgvon Marc Knoppe

Digitalisierung ist ein Thema, das alle Branchen, alle Sektoren, private und öffentliche Unternehmen betrifft. Vernetzte Maschinen, beschleunigte Prozesse und steigende Profits: Industrie 4.0. wird in der industriellen Fertigung vielfältig diskutiert. Neben den Chancen stehen aber auch die Risiken wie Security, disruptive Geschäftsmodelle und Ernüchterung bei der Umsetzung von Erfolgspotentialen. Kann sich der Handel dieser Entwicklung entziehen oder muss er sich möglicherweise viel stärker mit dieser Thematik auseinandersetzen? 

Trotz der massiven Digitalisierung und der stetig steigenden, teils brutalen Konkurrenz, verhaften viele Handelsunternehmen in ihrer alten Welt, kämpfen mit der Integration von Online Business Modellen in das stationär geprägte Standardgeschäft und differenzieren immer noch zwischen „digitalen“ und „stationären“ Kunden. Diese theoretische Trennung hat es faktisch nie gegeben – und wird es auch nie geben. Studien belegen, dass moderne Kunden das Internet sehr unterschiedlich nutzen. So kann es sein, dass der Kunde sich vorab online informiert, ins Geschäft geht, die Ware prüft, um am Ende vor Ort zu kaufen. Es ist aber genauso möglich, dass die Bestellung der Ware am Schluss doch online erfolgt. Viele Handelsunternehmen verteidigen trotzdem hartnäckig die Trennung von On- und Offline-Kanälen, wagen sich zaghaft an eine Multi-Channel-Lösung und werden häufig bitter enttäuscht. Doch wo liegen die Ursachen? Ist es der desinteressierte Kunde, der unwissende Mitarbeiter oder liegt das das Problem doch ganz wo anders?

Nach wie vor sind viele Handelsunternehmen davon überzeugt, dass die Implementierung digitaler POS-Systeme, ausführliches Tracking on- und offline die Lösung des Problems sind. Dabei werden unzählige Daten generiert, die keinen strategischen Wert haben -  denn meist fehlen die richtigen strategischen Voraussetzungen, Kennzahlensysteme und die anreizbasierte Integration der Mitarbeiter. 

Technologie allein kann keine Lösung sein, insbesondere in komplexen Welten, die aus digitalen und Offline-Medien bestehen und ein stimmiges  Gesamtbild von Handels- und Servicekompetenz liefern sollen. Digitalisierung bedarf einer neuen, umfassenden Unternehmensstrategie. Die „Digitalisierung“ verändert Informations- und Verhaltensprozesse interner und externer Stakeholder, führt zu  neuen Service- oder Pricingstrukturen sowie disruptiven Geschäftsmodellen im Handel, mit denen sich auch „traditionelle Händler“ auseinandersetzen sollten.

Um eine erfolgreiche Strategie zu entwickeln, muss man seine Märkte und Kunden analysieren, ihre Bedürfnisse, Gewohnheiten und ihr Informationsverhalten genau kennen, den bestehenden Wertschöpfungsprozess abbilden und die Stärken und Schwächen seiner Wettbewerber betrachten. Die Entwicklung und Umsetzung einer digitalen Strategie ist häufig ein schmerzhafter und anstrengender Prozess und wird in jedem Fall das Handelsunternehmen und seine Handlungsfelder massiv verändern. 

Gerade der Handel hat aber beste Voraussetzungen, die Tools der Digitalisierung zu nutzen und vor der Industrie zu einem Retail 4.0. zu kommen! Dies wird jedoch nur gelingen, wenn die Geschäftsführung bereit ist, neue Wege zu gehen und sich von tradierten Mustern wie schlechter Bezahlung der Mitarbeiter auf der Fläche zu verabschieden. Der Charme der Digitalisierung liegt vor allem in der Steigerung der Verantwortung und Kompetenz der Mitarbeiter, insbesondere in der Fokussierung auf Beratung und Verkauf statt auf das Füllen von Regalen bei gleichzeitiger Kundenbindung und Servicesteigerung, was letztendlich zu höheren Gewinnen führt. Gelingt es einem Handelsunternehmen nicht die Digitalisierung langfristig über alle Wertschöpfungsbereiche strategisch zu planen und damit das angestammte Geschäftsmodell weiterzuentwickeln, droht die Gefahr, durch branchenfremde Wettbewerber mit disruptiven Geschäftsmodellen ausgetauscht zu werden.

Über den Autor:
Knoppe Prof. Dr. Marc_sw-x.jpgProf. Dr. Marc Knoppe ist Professor für „Internationales Handelsmanagement, Strategisches Marketing und Innovationsmanagement“ an der Technischen Hochschule Ingolstadt, Vice Dean der THI Business School, Studiengangleiter International Retail Management sowie Studiengangleiter Securtiy & Safety Management. Parallel ist er Vorstandsvorsitzender des European Institute of Management (EuWiM AG) und verfügt über 25 Jahre internationale Handelserfahrung. Er beschäftigt sich intensiv mit dem Thema „Digitalisierung im Handel“, zu dem bald sein praxisorientiertes Buch erscheinen wird.

Admin2 - 07:07:52 @ AK Omni- + Multichannel und Mobile Strategie | Kommentar hinzufügen

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