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05.07.2017

Sind Online-Shops noch genug?

Pixabay_elasticComputerFarm_Supermarkt_kl.jpg von Christoph Erle, Management Circle

 Die Innovationen des digitalen Zeitalters stellen den Handel vor immer neue  Herausforderungen. Eine Neuerung jagt die nächste – und viele sicher geglaubte  Geschäftsmodelle werden heute in Frage gestellt. Mittlerweile glaubt sich der  Handel in Deutschland gut aufgestellt in Sachen E-Commerce. Doch sind Apps,  responsive Webseiten und Online-Shops noch genug? Oder lauert die wirkliche  Disruption bereits mitten unter uns?

 E-Commerce in Deutschland: Der Siegeszug wird anhalten

 Der Siegeszug des Online-Shoppings stellt den stationären Handel in vielen Branchen vor Herausforderungen. Warengruppen wie Kleidung, Elektronikartikel, Computer und Spiele, Bücher, Musik, Filme, Möbel und Freizeitartikel werden immer mehr im Netz gekauft. Und diese Warengruppen machen nach Angaben des BEVH das Gros des gesamtdeutschen Jahresumsatzes aus. Der E-Commerce in Deutschland wächst rasant und der Umsatz ist von 2015 auf 2016 um 12,5 Prozent gestiegen – auf fast 53 Milliarden Euro. 
Getrieben wird der Online-Handel von den Kunden. Die Produktsuche auf Amazon, der Kauf per Mausklick oder App sind so einfach und komfortabel, dass sie auch ungeübte Nutzer ausprobieren können. Und das gilt für große Teile der Käufergruppen jeden Alters. Für viele sind sie schon längst gelerntes Verhalten und diese Entwicklung wird sich auch nicht zurückdrehen lassen. Denn Kinder wachsen heute mit dem Smartphone auf, morgen mit Alexa und Siri. Und je mehr Komfort eine Dienstleistung bietet, desto eher wird sie genutzt. Das erklärt auch den derzeitigen Siegeszug der Apps. 

Auch Branchen wie der FMCG-Sektor sind vor dem Online-Handel nur scheinbar sicher

Noch gehören Vertriebsformate wie Drogerien und Supermärkte oder Produkte wie Tierbedarf, Lebensmittel, Kosmetik oder auch Gartenartikel alle nicht zu den Warengruppen, die online boomen. Das hat sicher auch mit der gut ausgebauten Filialstruktur von Supermärkten, Discountern oder Baumärkten zu tun, denn jeder hat den Händler seiner Wahl fast um die Ecke. Warum also online bestellen?
Die Statistiken scheinen das zu untermauern: Lebensmittel beispielsweise kaufen Kunden bislang online nur zögerlich ein. Gerade bei Frischeprodukten spielt Qualität eine entscheidende Rolle und viele möchten sich gerne selbst von der Frische ihres Obstes überzeugen. Diese haptische Erfahrung lässt sich nicht in den E-Commerce auslagern – und mit ihr wird häufig noch begründet, warum Kunden weiter überwiegend den stationären Handel aufsuchen. 
Entsprechend schockt es auch im Handel niemanden, dass der Technologieriese Amazon nun in Deutschland (oder vielmehr erstmal in Berlin) mit seinem Angebot Amazon Fresh an den Start gegangen ist. Schließlich führen viele wichtige Supermärkte und Discounter in Deutschland bereits selbst Online-Shops und eigene Lieferdienste ins Feld. Doch diese konnten sich, genau wie die vielen Lebensmittel, die es auch bei Amazon schon länger gibt, nie richtig durchsetzen. 

Doch, wenn der Handel nicht aufpasst, wird er Opfer neuer Convenience-Technologien

Wir haben schon festgestellt: Kunden gewöhnen sich schnell an Komfort. Nicht von ungefähr leben wir in Zeiten der Same- Hour-Lieferungen, Streaming-Angebote und Apps; in Zeiten, in denen schon viele Branchen erschütternden Disruptionen zum Opfer fielen. Deshalb heißt es: Aufpassen. Denn im Handel lauert disruptives Potenzial bereits jetzt mitten unter uns, beim bereits erwähnten Amazon.
 Die Amerikaner sind gemeinhin Profis, was Themen wie Conversion und Convenience angeht. Sie entwickeln simple Technologie, die direkt Bedürfnisse und Gewohnheiten zumeist junger Kunden anspricht. Und im Handel kommen derzeit mal wieder Innovationen auf, die diese Stärken perfekt abbilden. Sie haben das Potenzial, den Einkauf mit dem eigenen Zuhause nahezu verschmelzen zu lassen. Die Rede ist von einfachen, aber genialen Produkten, nämlich den Amazon Dash-Buttons und Amazon Echo, die sich perfekt in die Infrastruktur des amerikanischen Handelsunternehmens einfügen. 

Kunden wollen Komfort – also was wird überflüssig? Der Gang zum Supermarkt oder das heimische Sofa?

Stellen Sie sich vor: Gerade junge Menschen sind heute typischerweise mit stagnierenden Löhnen, Teilzeitjobs oder hohen Mietpreisen konfrontiert. Single-Haushalte oder Doppelversorgerfamilien werden immer mehr zur Norm. Diese Entwicklungen bedeuten, dass weniger Zeit in der Bevölkerung vorhanden ist, in der man sich mit Hausarbeit, Kindern und Kochen auseinandersetzt. Wie praktisch ist in so einer Situation ein Dash-Button? Das Waschpulver oder das Hundefutter ist leer, die Rasierklingen sind aufgebraucht? Mit einem Knopfdruck kommt schon am nächsten Tag versandkostenloser Nachschub. Alternativ wirft man sich nach dem harten Arbeitstag aufs Sofa und diktiert über das Amazon Echo einfach der künstlichen Intelligenz Alexa seine Einkaufsliste. Wenn dieses Verhalten erstmal „gelernt“ ist, wird der Gang zum Supermarkt schnell lästig. Und überflüssig. 
Das Problem für den Retail? Die bestellten Produkte kommen dann von Amazon, nicht etwa von Edeka, Aldi oder dm. Und natürlich gibt es bei Amazon dieselben Markenprodukte sowie günstige Alternativen: Bereits jetzt findet man dort Dash-Buttons für Gillette, Ariel oder Schwarzkopf – und daneben bieten manche Händler, wie zum Beispiel tegut…, auf Amazon sogar schon ihre Eigenmarken an.
Natürlich könnte man nun auf Statistiken verweisen, die zeigen: Fast niemand benutzt derzeit diese Innovationen. Doch darf dabei eines nicht vergessen werden: Wachstum im E-Commerce verläuft nicht linear, sondern exponentiell. Amazon wurde lange von keinem Buchhändler ernstgenommen. Heute macht das Unternehmen mehr als 80 Mal mehr Umsatz, als die drei größten deutschen Online-Buchhändler zusammengenommen. Und für andere Branchen: Ein Unternehmen wie Zalando ist noch nicht einmal 10 Jahre alt! Wenn der Trend in allen Branchen zum Einkauf von zuhause aus tendiert, sollten sich auch vermeintlich sichere Branchen nicht allzu sicher fühlen. Denn vielleicht sind schon bald Online-Shops wirklich nicht mehr genug – und der Handel wäre gut beraten, sich über eigene Dash-Button-Alternativen Gedanken zu machen. 

Über den Autor: Christoph-Erle_kl.jpg
Christoph Erle ist Content Marketing Experte und betreut bei Management Circle unter anderem die Online-Plattform zum Handelsmarken Forum. Das Forum wurde 2016 ins Leben gerufen, um erstmals allen verschiedenen Stakeholdern aus der Handelsbranche eine Möglichkeit zum gemeinsamen Austausch zu bieten. Jährlich treffen sich dort Vertreter aus dem Handel, von renommierten Marken- sowie von Handelsmarkenherstellern, um Konkurrenz, Kooperation und Vermarktung in einer turbulenten Branche zu diskutieren.

Mehr erfahren auf: management-circle.de/handelsmarken/

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